Der Wind Trägt Uns Davon
Felix Meyer
4:02Ruhe friedlich und sanft unter wogendem Weizen, weder Tulpen noch Rosen mit all ihren Reizen können im Schatten der Gräben noch über dich wachen, aber tausende Mohnblumen werden das machen Vor den Ufern des Flusses, der zu meinen Füßen fließt, sollten uns Hechte das Leben versüßen, anstatt toter Soldaten, die im Wasser treiben und in kalter Umarmung der Wellen verbleiben So sprachst du im Winter am Fuße der Quelle und fährst genau wie die anderen auch in die Hölle Traurig und machtlos, ob du willst oder nicht Und der eisige Wind spuckt dir Schnee ins Gesicht (...) Bleibe stehen Piero, bitte bleib einfach stehen und lass dir vom Wind nicht den Verstand verwehen Er trägt all die Stimmen der Gefallenen zu dir Sie gaben ihr Leben und bekamen Orden dafür Doch du hörtest sie nicht und die Zeit ist vergangen, in der wir beim Tanzen die Jahre besangen, hast dich auf den Weg über die Grenze gemacht und dabei den Frühlingstag angelacht Und während du froh gelaunt marschiertest, sahst du einen, dem beinahe das Gleiche passiert ist, doch es fehlte die Muße und es fehlte die Ruhe und er trug andere Uniform und andere Schuhe (...) Du musst schießen Piero, irgendwo dort ins Tal und wenn du einmal geschossen hast, schieße nochmal, solang, bis du sicher bist, dass er verbluten wird und letzte Tränen den Blick überfluten Wenn du ihn erwischst und der Kopf voller Scherben ist, bleibt ihm nur ein Augenblick um zu sterben, doch du wirst die Zeit haben, ihm dabei zuzusehen, wie Würde und Liebe und Hoffnung und Mut vergehen Und während dein Mitgefühl die Röcke rafft, dreht er sich noch einmal um mit letzter Kraft und greift dann vom Boden aus dem Staub sein Gewehr, was jemals gewesen ist, zählt nun nicht mehr (...) Du fällst selber ins Feld ohne Weh, ohne Klage und damit erübrigt sich wohl auch die Frage, wie viel Sonne und Luft dir das Leben noch schenken wird, um über deine Fehler nachzudenken Meine Liebe, mein Herz, es ist furchtbar im Mai zu sterben mit einem atemlosen Schrei, als gerade die Blumen der Erde entsprangen, zur Hölle wär ich lieber im Winter gegangen (...) Ruhe friedlich und sanft unter wogendem Weizen, weder Tulpen noch Rosen mit all ihren Reizen können im Schatten der Gräben noch über dich wachen, aber tausende Mohnblumen werden das machen