Weißt Du Noch, Etienne? (In Wien - The Song Maker - Live)
Reinhard Mey
6:40Wir haben jedem Kind ein Haus gegeben Eins in der lockenden, rastlosen Stadt Mitten im quirligen, flirrenden Leben Wo Elend und Überfluss auf schmalem Grat Wo Schönheit und Abscheu im Zwielicht verschwimmen Tröstende Wärme weht und rauer Wind Wo Irrlichter funkeln und flüsternde Stimmen Versprechen oder Verhängnis sind Doch aus Straßenschluchten und dunklen Wegen Aus Einsamkeit und Enttäuschung heraus Aus Kummer und Zweifeln, aus dem kalten Regen Führte auch immer Führte auch immer ein Weg nach Haus Wir haben jedem Kind ein Haus gegeben Eins in den Obstgärten über'm Hang Inmitten von Apfelbäumen und Reben Erfüllt von Übermut, Spiel und Gesang Wo Nachbarn über die Hecke grüßen Reicht jeder jedem die helfende Hand Da prägt eine Fährte von Kinderfüßen Zierliche Abdrücke in den Sand Ein Haus aus Wörtern und Ziegelsteinen Mit einem Gebälk von Mühe und Schweiß Gezimmert mit Kunst und aus Lachen und Weinen Aus Lust und aus Liedern Aus Lust und aus Liedern, aus Arbeit und Fleiß Wir haben jedem Kind Flügel gegeben Und sie flogen weit hinaus in die Welt Und Fernweh und Lebenslust waren ihr Kompass Zuversicht ihr Anker und Zelt Wir haben jedem Kind Wurzeln gegeben Zusammen gelernt, mit Urvertrauen In allen Lebensstürmen aus Liebe Eine Wagenburg um uns zu bauen Wir haben jedem Kind ein Haus gegeben Eines nur mit einem Blätterdach In das sich Mistel und Efeu weben Doch in allen Wettern ein sicheres Gefach Aus Flügeln, die kreiselnd zu Boden sinken Wird neu der Ahorn in jedem Jahr Und Sonnenlicht wird in Tautropfen blinken Und Schnee wird fallen im Januar Ein Haus, umweht von allen vier Winden Vom Sommer durchglüht, vom Herbststurm umtost Wir werden einander darin wiederfinden Und Freude wird da sein, und Freude wird da sein Und Freude wird da sein und Frieden und Trost